Stadt Kempten Kempten erleben Kultur & Unterhaltung Ausstellungen Carl Rabus - Ein Künstler zwischen Hoffnung und Verzweiflung

Rückblick: Sonderausstellung "Carl Rabus - Ein Künstler zwischen Hoffnung und Verzweiflung"

Carl Rabus (1898–1983) gehört zur sogenannten verschollenen Generation von Kunstschaffenden, die durch den Nationalsozialismus und die Weltkriege aus dem Blick der Öffentlichkeit gerieten.

Zum 125. Geburtstag des Künstlers hatten die Museen der Stadt mit einer Sonderausstellung im Hofgartensaal der Residenz in Kempten dazu eingeladen, sein vielfältiges Œuvre wiederzuentdecken. Zu sehen waren über 70 teils noch nie öffentlich gezeigte Werke aus Privatbesitz und der städtischen Kunstsammlung, sowie dem Schloßmuseum Murnau und dem Buchheim Museum der Phantasie – neben Gemälden und Grafiken auch Briefe, Dokumente und Fotografien, die vom ereignisreichen Leben des Künstlers berichteten.

Leben und Werk des Malers und Grafikers Carl Rabus waren geprägt von Krieg und Verfolgung. Seine vielversprechende Karriere als Illustrator wurde zu Beginn des Zweiten Weltkrieges jäh beendet, weil seine expressionistischen Werke als entartet galten. Verfemt und verfolgt emigrierte Rabus mit seiner Lebensgefährtin Erna Adler nach Belgien, wo er 1940 verhaftet und in das Internierungslager Saint-Cyprien in Südfrankreich gebracht wurde. Seine Zeit im Lager verarbeitete der Künstler in der beeindruckenden Linolschnittserie "Passion".  Trotz der schonungslosen Darstellung der Lebensumstände im Lager strahlen die Werke eine unerschöpfliche Hoffnung aus, weswegen die Schau den Untertitel „Ein Künstler zwischen Hoffnung und Verzweiflung“ trägt. Seine ausdrucksstarken Holz-und Linolschnitte, die nuancierten Aquarelle und fein-schraffierten Zeichnungen zeugen von der künstlerischen Mannigfaltigkeit des in Kempten geborenen Malers. Rabus hinterließ ein enormes Konvolut an Arbeiten, wobei es sich vermehrt um klein- bis mittelformatige Aquarelle handelt, um Bleistift- und Tuschezeichnungen von Landschaften sowie um Stillleben, See- und mediterrane Küstenstücke, die er vornehmlich auf seinen Reisen festhielt. Lebenslang begleitete ihn der Holz- und Linolschnitt.

Die Ausstellung fand auf Initiative des Kunstsammlers Roland Krüppel statt, der sich 2019 an das Kulturamt der Stadt Kempten gewandt hatte. Der Rabus-Enthusiast schlug vor, seine extensive Sammlung in einer Jubiläumsausstellung zum 125. Geburtstag von Carl Rabus in dessen Geburtsstadt zu präsentieren. Diese Anfrage fiel auf fruchtbaren Boden: Im Rahmen der Erinnerungskultur beschäftigt sich die Stadt Kempten mit Personen aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 und legt dabei auch ein spezielles Augenmerk auf Kunstschaffende. Es wird erkundet, welche künstlerischen Praxen die Künstlerinnen und Künstler in der Zeit des Nationalsozialismus etablieren konnten, welche Umstände manche erfolgreich machten und andere zugrunde richteten. Die Schau zu Carl Rabus war ein erster Pinselstrich in einer umfassenden Untersuchung zur Kunst im Allgäu in einem diktatorischen System.

 

Vita des Künstlers Carl Rabus

Johann Carl Joseph Rabus wurde am 30. Mai 1898 in Kempten geboren. Die Familie Rabus zog 1900 in die Großstadt München, wo Carl seine gesamte Jugend verbrachte. Nachdem er eine Zeichenschule besucht hatte, begann er ein Studium an der Akademie der bildenden Künste München. Von der impressionistischen Manier seines Lehrers Angelo Jank entfernte sich Rabus schnell, übernahm allerdings sein solides zeichnerisches Handwerk. In den 1920er-Jahren machte Rabus sich einen Namen als Buchillustrator und Zeichner für klassische und romantische Literatur sowie für diverse Zeitschriften, u. a. für Orchideengarten, EOS und Jugend sowie die satirischen, politisch eher links angesiedelten Magazine Lachen links, Eulenspiegel und Querschnitt. Für namhafte Verlage in München und Berlin illustrierte der junge Künstler Dichtungen, Bücher und Kurzgeschichten von angesehenen Literaten wie Gottfried Keller, E.T. A. Hoffmann, Honoré de Balzac, Johann Wolfgang von Goethe oder Alfred Döblin.

Nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin (1923-1927), kehrte Rabus zurück nach München, von wo aus er zahlreiche Reisen nach Spanien, Frankreich, Italien und die Schweiz unternahm. Vor Ort studierte er die verschiedenen künstlerischen Strömungen und nahm dies als Anregung, seinen eigenen Stil zu erneuern und zum Expressiven Realismus zu finden. Die Aquarelle, kolorierten Zeichnungen und Ölbilder sind davon geprägt. Aufgrund der politischen Verhältnisse in Deutschland emigriert er nach Wien, wo er in den Galerien Würthle, Hagenbund und in der Neuen Galerie ausstellte. Von den Nationalsozialisten als entartet diffamiert, emigrierte Carl Rabus dann mit seiner jüdischen Partnerin der Fotografin Erna Adler nach Belgien. Dort wurde er 1940 verhaftet und in das Internierungslager Saint-Cyprien in Südfrankreich gebracht. Während seiner Zeit im Lager zeichnete Rabus unentwegt. Die dort entstandenen Lagerzeichnungen dienten dem Künstler als Vorlage für seine beeindruckende Linolschnittserie Passion. Nach den Erlebnissen des Krieges verpflichtete Rabus sich bis zu seinem Lebensende der abstrakten Malerei und schuf überwiegend farbintensive, formreduzierte Kompositionen auf Leinwand und Papier.

1947 kehrte Rabus nach München zurück. Er stellte in zahlreichen Museen rund um die Welt aus, u. a. in Zürich, Paris, Philadelphia, New York, Oslo und Canberra. Im Alter siedelte der Künstler nach Murnau am Staffelsee über, wo er 1983 beim Baden im See verstarb.
 

Begleitend zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog zum Preis von € 10 erschienen.

 

 

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Blick in die Ausstellung
Foto: Matthias Sienz

Blick in die Ausstellung
Foto: Matthias Sienz

Blick in die Ausstellung
Foto: Matthias Sienz

Blick in die Ausstellung 
Foto: Matthias Sienz

Blick in die Ausstellung
Foto: Matthias Sienz

Sonderausstellung

Carl Rabus - Ein Künstler zwischen Hoffnung und Verzweiflung

Ausstellungsdauer:
5. März bis 7. Mai 2023
 

Öffnungszeiten: 
Dienstag bis Sonntag
jeweils von 10 bis 18 Uhr

sowie zusätzlich an den beiden Feiertagen, Montag, 1. Mai 2023 und Ostermontag, 10. April 2023, jeweils von 10 bis 18 Uhr
 

Ausstellungsort:
Hofgartensaal der Residenz Kempten (Allgäu)
Residenzplatz 4-6
Eingang über die Hofgartenstraße
87435 Kempten


Eintritt:
regulär: € 4,00
ermäßigt: € 2,00

Für Kinder und Jugendliche bis einschließlich 17 Jahre sowie alle in Schul- und Hochschulausbildung ist der Eintritt frei.

Jeder 1. Sonntag im Monat: Eintritt frei