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Der Altweibersommer: Wenn das Wetter im Herbst wieder sommerlich wird

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Der Altweibersommer bringt warmes Wetter. Er macht den Herbst zur goldenen Jahreszeit, färbt das Laub und lässt feine Spinnenfäden durch die Luft schweben.

Offenbach ‒ Beim Altweibersommer handelt es sich um ein in Deutschland jährlich auftretendes Wetterphänomen im Herbst. Ab der zweiten Septemberhälfte bis Ende Oktober bringt er gleichmäßige warme Temperaturen mit sich. In einigen Fällen kann er bis in den November andauern, in anderen wiederum nur ein paar Tage. Genaue Daten, wann er beginnt und endet, können nicht festgemacht werden.

Der Begriff Altweibersommer bezeichnet eine meteorologische Singularität. Er ist also ein Witterungsregelfall, der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit jedes Jahr in etwa zur gleichen Zeit eintritt und eine deutliche Veränderung des bis dahin vorherrschenden Wetters mit sich bringt. Dennoch liegen Niederschlag, Temperatur und weitere Elemente im langjährigen Mittel. Dieser Witterungsregelfall kommt aufgrund eines stabilen Hochdruckgebiets im Spätsommer zustande. In einem Hochdruckgebiet sinkt Luft in großen Mengen ab. Sie erwärmt sich, tauscht aber keine Wärme mit der Umgebungsluft aus. Daher kondensiert kein Wasserdampf aus diesen Luftmassen, sodass sich keine Wolken bilden.

Der Altweibersommer bringt warme Temperaturen und Sonnenschein

Solange diese Hochdruckwetterlage anhält und keine Wolkenbildung stattfindet, bleibt der Himmel klar. Tagsüber herrscht strahlender Sonnenschein.

Die Luft in Bodennähe bewegt sich in Richtung umliegender Tiefdruckgebiete. Sie fließen auseinander, divergieren also, und hinterlassen freien Raum, der gefüllt werden muss. Konvergierende Luftmassen bewegen dorthin. Dafür müssen sie absinken und erwärmen sich dabei. Folglich steigt deren Wasserdampfkapazität und die eventuell vorhandene Wolkendecke löst sich auf. Deshalb geht der Altweibersommer in der Regel mit trockenem Wetter, Windstille und einem wolkenlosen Himmel einher.

Klare, kühle Nächte wechseln sich im Spätsommer mit sonnigen Tagen ab, an denen Temperaturen von deutlich über 20 °C möglich sind. Aufgrund der großen Mengen UV-Strahlung, die wegen der fehlenden Bewölkung der Erde ankommen, verfärben sich die Laubblätter intensiver und bringen so den sogenannten „Goldenen Herbst“ mit sich.

Mit silbrig schimmernden Spinnennetzen kündigt der Altweibersommer den nahen Herbst an.
Mit silbrig schimmernden Spinnennetzen kündigt der Altweibersommer den nahen Herbst an (Symbolbild). © Karl-Josef Hildenbrand / dpa

Das Wetter im Herbst hat zahlreiche Namen

Der Altweibersommer, der warmes Wetter mit sich bringt, hat unzählige Namen, wie beispielsweise Frauen-, Witwen- oder Nachsommer. Das erschwert es, die sprachgeschichtliche Herkunft und Entwicklung zu deuten. Bezüglich der Bezeichnung Altweibersommer gibt es zahlreiche Ansätze, woher diese stammen könnte. So liegt ihm möglicherweise das althochdeutsche Wort „weiben“ zugrunde. Es bezeichnet das Knüpfen von Spinnweben. Eine weitere Erklärung ist, dass die feinen Spinnweben, beziehungsweise ihre Fäden, die im Herbst durch die Luft fliegen, an die grauen Haare alter Frauen erinnern.

Die Germanisten Elmar Seebold (86) und Gerhard Kluge (85) hingegen gehen davon aus, dass die folgende Erläuterung wahrscheinlich die ursprüngliche ist: Demnach geht der Begriff auf die zweite Jugend der Frauen zurück, die als sehr kurzlebig angesehen wird. Auf die Erklärung könnten auch die bayrische Bezeichnung „Ähnlsummer“ und das schweizerische „Witwesömmerli“ zurückgehen.

Der Altweibersommer als schwacher Sommer im Herbst

Möglich ist auch eine parallele zum Alter, was aus dem Altweibersommer einen alten und schwachen Sommer macht. Germanist Wolfgang Pfeifer (97, †2020) hingegen erachtete diese Bedeutungen als sekundär, nicht als ursprünglich. In Norddeutschland spricht man nicht vom Altweibersommer, sondern unter anderem vom „Mettkensommer“. Das Wort „Mettken“ ist eine Verkleinerungsform des Begriffs „Made“. Man nahm also an, es handle sich bei den durch die Luft fliegenden Fäden um Gespinste kleiner Raupen. Aufgrund der lautlichen Ähnlichkeit zum Wort „Mädchen“, deutete man den Begriff vermutlich volksetymologisch um und entfremdete ihn somit von dessen eigentlichen sprachlichen Ursprung.

Bezeichnungen wie der Allerheiligen- oder Michaelissommer, die man unter anderem im Mittelmeerraum nutzt, gehen auf die dazugehörigen Daten zurück. Damit versuchte man also, diesen Witterungsregelfall im Herbst kalendarisch einzuordnen. Mehrfach wurde diskutiert, ob der in Deutschland vorrangig verwendete Begriff Altweibersommer weiterhin bei entsprechendem Wetter genutzt werden dürfe oder diskriminierend gegenüber älteren Frauen sei.

Altweibersommer: Ein Wetter-Begriff steht vor Gericht

Im Jahr 1989 hatte eine damals 77-jährige Dame aus Darmstadt Klage erhoben. Sie fühlte sich sowohl aufgrund ihres Geschlechts als auch aufgrund ihres Alters in ihrer Person angegriffen. Sie forderte, dass in den Medien nicht mehr vom Altweibersommer die Rede sein dürfe. Auch im Wetterbericht für Deutschland solle dieser Begriff nicht mehr verwendet werden.

Das Landgericht Darmstadt entschied allerdings, dass die Bezeichnung weiterhin verwendet werden könne, da sie aus einer Zeit stammt, in der die Klägerin noch lang nicht geboren war. Hinzu kam, dass die Verwendung in keinem Fall diskriminierend gegenüber älteren Frauen gemeint war, sondern lediglich ein Phänomen des Wetters bezeichnete. Damit würden keinerlei Persönlichkeitsrechte verletzt, auch wenn die feinen Spinnweben in dieser Jahreszeit an das Haar älterer Damen erinnern. Doch sie erfüllen einen ganz anderen Zweck. Sie dienen der Fortbewegung kleiner Spinnen. Damit die Fäden sichtbar werden, müssen diese ein gewisses Alter erreicht haben und das ist eben im Spätsommer bzw. im frühen Herbst der Fall.

Wetter in Deutschland: Im Altweibersommer suchen Spinnen neuen Lebensraum

Die jungen Spinnen nutzen die Spinnweben zur Fortbewegung. Sie können sich damit mehrere Hundert Kilometer vom Wind tragen lassen und neue Lebensräume finden. Gleichzeitig hilft es ihnen dabei, einen Platz für den Winter zu suchen. Möglich ist das allerdings nur bei jungen oder sehr kleinen Spinnen. Je größer und schwerer sie sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Wind sie tragen kann.

Das Wetter während des Altweibersommers ist in der Regel windstill und dennoch können die kleinen Spinnen samt ihren Fäden durch die Luft fliegen. Grund dafür sind die leichten Aufwinde, die sich im Herbst tagsüber bilden. Haben sich die unmittelbar über dem Boden befindlichen Luftmassen aufgrund der Sonneneinstrahlung ausreichend aufgewärmt, steigen sie nach oben und kühlere Luft rückt nach. Es entsteht ein leichter Aufwind, der bereits ausreicht, um die Spinnen mit sich zu tragen. Am Morgen sind die Spinnfäden besonders gut zu beobachten. In den kühlen Nächten bilden sich Tautropfen, die sich auf den Fäden niederlegen und bei einfallendem Licht funkeln.

Der Altweibersommer im Volksglauben und dem Christentum

Der Volksglaube bezeichnet die Spinnweben als Gespinste von Zwergen, Elfen oder Nornen. Zwergen sagte man übermenschliche Kräfte und hohe Intelligenz nach, während Elfen für Hilfsbereitschaft und Naturverbundenheit standen. In der nordischen Mythologie spinnen sogenannte Nornen die Fäden des Schicksals. Diese Schicksalsfrauen können von Elfen und von Göttern abstammen. Blieben Fäden, die sie Wesen gesponnen haben, an der Kleidung eines Menschen haften, sollte das also großes Glück verheißen. Verfingen sie sich in den Haaren eines Mädchens, bedeutete dies eine bevorstehende Hochzeit.

In christlich geprägten Ländern hingegen glaubte man, dass die im Altweibersommer herumfliegenden Fäden aus dem Mantel der Jungfrau Maria stammten, den sie trug, als sie in den Himmel fuhr. Andere hingegen glaubten, dass sie die Fäden gemeinsam mit 11.000 Jungfrauen spinnen und das Land im Herbst damit bedecken würde. Darauf beruhen unter anderem die Bezeichnungen:

Auch in zahlreichen Bauernregeln bezüglich des Wetters ist vom Altweibersommer die Rede, zum Beispiel „Ist es zu Allerheiligen rein, tritt der Altweibersommer ein“. (Von Sophie Neumärker)

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